Durch die Arbeit mit hochsensiblen, hochsensitiven und hoch- oder vielbegabten Menschen wurde mir klar, dass viele von diesen außergewöhnlichen Menschen sich als sehr anders als ihr Umfeld wahrnehmen: Sie fühlen sich wie ein buntes Zebra.auf-viele-arten-anders-600

Ihre Beziehung zu anderen Menschen ist geprägt von dem Gefühl, anders zu sein. Sie empfinden sich oftmals als nicht dazugehörig, ausgeschlossen, einsam und ganz einfach fremd.

So entstand das Bild eines Zebras in einer Welt, die vorwiegend von Haflingern bevölkert wird. Haflinger sind außerordentlich liebenswerte, nützliche, soziale und freundliche Pferde. Sie leben gerne in Herden und fühlen sich wohl mit ihresgleichen und pflegen soziale Kontakte untereinander.

Wie würde sich wohl ein buntes Zebra, das in der afrikanischen Steppe lebt, in einer Herde von Haflingern fühlen?

Es reicht schon, ganz alleine schwarz-weiß gestreift zu sein, um außerordentlich aufzufallen. Dennoch sind auch schwarz und weiß Farben, die in der Natur vorhanden sind und als normal empfunden werden. Wie viel mehr Auffälligkeit würde dann bedeuten, wenn ein Zebra nicht nur schwarz-weiß gestreift wäre, sondern mit bunten Streifen durch das Leben geht?

So wie dieses buntes Zebra fühlen sich hochbegabte, vielbegabte, hochsensible und oder hochsensitive Menschen in ihrem normalen Umfeld.

Mit diesem Vergleich ist keineswegs eine Bewertung verbunden. Haflinger zu sein ist nicht gut oder schlecht. Die Welt der Haflinger ist einfach nur sehr anders, als die Welt der bunten Zebras und hinzukommt, dass es wesentlich mehr Haflinger gibt als bunte Zebras.

Auch in der Welt der Haflinger gibt es große Unterschiede unter den Pferden, sie sind keineswegs alle gleich.

Sie erkennen diese Unterschiede unter ihresgleichen und sie erkennen genauso gut, wenn sich ein Fremdkörper unter ihnen befindet. Und ein buntes Zebra ist ein Fremdkörper in der Welt der Haflinger. Also ist es eine ganz normale und natürliche Reaktion eines Haflingers, wenn er zunächst in Abwehr gegenüber dem geht, der nicht zu seiner Welt gehört.

Buch Außergewöhnlich NORMAL

Ebenso natürlich ist es für ein buntes Zebra, sich fremd zu fühlen.

Unsere Gesellschaft ist auf das Leben der Haflinger ausgerichtet. Zebra-Familien fallen unter Haflinger-Familien auf. Zebra-Eltern haben es schwierig, mit ihren bunten Zebra-Kindern in ihrem sozialen Umfeld. Das Bildungssystem, vom Kindergarten über Schule bis hin zu Universitäten und anderen Ausbildungswegen, ist von und für Haflinger eingerichtet. Nicht für bunte Zebras.

Und so können wir die Analogien weiter fortführen und Beispiele finden, die aufzeigen, wie sehr sich die Lebensbereiche von Haflingern und bunten Zebras unterscheiden.

Es liegt auch auf der Hand, dass Partnerschaften zwischen Haflingern und bunten Zebras besonderen Umständen ausgesetzt sind. Ebenso sind jedoch Beziehungen von bunten Zebras untereinander nicht mit Beziehungen von Haflingern untereinander zu vergleichen.

Wie sehr unterscheidet sich auch die Arbeitswelt der Haflinger von einem Arbeitsumfeld, in dem bunte Zebras ihrer Andersartigkeit ausleben können!

Ganz egal, ob sich die Andersartigkeit des Zebras in den Bereichen Denken und Logik oder Sprachbegabung und Wortgewandtheit oder Empathie und Sensibilität oder außerordentliche Feinfühligkeit zeigt, -immer entspringt die Norm und das, was von ihm erwartet wird, aus der Welt der Haflinger.

Beispielsweise fühlen sich bereits sehr junge Kinder in einer Familie, die ihre außergewöhnliche Art nicht nur nicht fördert, sondern sogar bekämpft, als außerordentlich fremdartig und falsch am Platz. Das kann so weit führen, dass sie felsenfest davon überzeugt sind, adoptiert worden zu sein und von einem anderen Stern zu stammen oder als Kind im Krankenhaus vertauscht worden zu sein.

Nachdem ich solche und andere Beschreibungen über die Andersartigkeit von hochsensiblen, hochsensitiven und hochbegabten Menschen immer und immer wieder gehört haben, entstand das Bild der bunten Zebras in der Haflinger-Welt.

Lies mehr in meinen Büchern darüber: „Außergewöhnlich normal“ und „Auf viele Arten anders“.

Herzlichst
Anne Heintze