Immer wieder schreiben mir Menschen, dass „ein IQ-Test“ gemacht wurde oder „noch kein IQ-Test“ gemacht wurde, um Hochbegabung festzustellen, wenn sie sich für ein Coaching bewerben. Also nochmal ganz deutlich. Es ist mir völlig wurscht, ob jemand so einen Test gemacht hat oder nicht.
Zum Thema IQ-Tests: Um es einmal ganz deutlich zu sagen
Hochintelligenz hat nach meinem Verständnis nichts mit Hochbegabung zu tun und schon gar nichts mit Hochleistung oder Erfolg. Oder anders gesagt: Intelligente Menschen müssen noch lange nicht sehr begabt und talentiert sein. Oder begabte und intelligente Zeitgenossen durchaus nicht sonderlich erfolgreich.
Und um es noch komplizierter zu machen: Ich bin der Überzeugung, dass es einen weiteren wesentlichen Faktor gibt, nämlich die Hochsensibilität, die bei der Betrachtung von Hochbegabung nicht vergessen werden darf.
Diese drei Merkmale stehen in einem bisher nicht untersuchten Zusammenhang und üben Wechselwirkungen aufeinander aus, die bislang kein IQ-Test erfasst.
- Sensibilität dient der genauen Wahrnehmung
- Intelligenz erkennt, was die Sensibilität wahrgenommen hat und bewertet, – Wissen entsteht. s.u.
- Gelebte Begabung ist die Umsetzung des Wissens, das die intelligente Bewertung ergeben hat.
Intelligenz ist die Fähigkeit zu erkennen und zu kombinieren und das mit einer bestimmten Tiefe, Mehrdimensionalität und Beständigkeit. Dies gilt für alle Formen von Intelligenz.
Durch Begabung entsteht kein Wissen, Wissen ersteht durch angewandte Intelligenz!
Die Entstehung von Wissen läuft immer in dieser Reihenfolge ab: Signal > Bewertung > Bewertung – in Kontext setzen > Bewertung – Zusammenhang und Ziele geben > führt zu Wissen. Dieser Weg ist durch Intelligenz definiert und jede Form von Intelligenz führt zu einem anderen Ergebnis. Begabung besteht darin, diese Wege schneller oder anders als Andere zu machen, aber der Weg an sich ist unabhängig von der Begabung.
Das ganz schnell mal ins Unreine, ich würde mich freuen, von euch eure Ansichten zu erfahren.
Wie seht ihr das?
Herzlichst
Anne
PS: 20 verschiedene Intelligenzformen habe ich hier beschrieben.
Ich hadere schon lange mit diesem Themenkomplex – Intelligenz, Hochsensibilität, Begabung… Bei mir verhält sich die Sache nämlich seltsam. Ganz eindeutig gehöre ich zu den sogenannten „Hochsensiblen“. Ich bin recht kreativ und in den meisten Kunstrichtungen begabt. Als Kind hatte ich bereits von meinen Musiklehrern (Musikschule) das Feedback erhalten, ich sei äußerst musikalisch. In Kunst war ich sehr gut, in Deutsch erhielt ich einen Preis. Im Ballett war ich das erste Kind meiner Klasse, das in die nächste Stufe „aufstieg“ und im Grundschulzeugnis wurde bereits meine „Originalität“ erwähnt und gelobt.
Nun, die Kehrseite: In vielen anderen Dingen war ich sehr langsam. Im Rechnen bis 100 oder im Hausaufgaben-Erledigen. Im rechtzeitig-Aufstehen oder im Pausenbrot-nicht-vergessen…
Das Gefühl anderen unterlegen zu sein oder nicht mit der „Allgemeinheit“ mithalten zu können war ein ständiger Begleiter. Typische IQ-Test-Aufgaben fallen mir so schwer, dass ich oft zum Lesen und Erfassen der Fragestellung allein schon die Hälfte der Bearbeitungszeit benötige. Ich frage mich, ob ich so langsam denke, oder ob ich zu viel denke. Im Alltag offenbart sich meine „andersartige“ Denkweise in diversen Situationen. Oft interpretiere ich Aussagen meiner Mitmenschen auf völlig „weltfremde“ Art und ziehe vermeintlich tieferliegende Bedeutungen in Betracht über die andere dann nur den Kopf schütteln. Ich sehe selten das Naheliegende, sondern eher die Lösung um drei Ecken. Manchmal ist das originell, aber seien wir ehrlich… meist ist es schlichtweg nichts anderes als kompliziert.
Erstaunlicherweise bekomme ich aus meinem sozialen Umfeld immer wieder die Rückmeldung, ich sei sehr intelligent und Gespräche mit mir interessant und tiefgründig. (Mein Freundeskreis besteht zum überwiegenden Teil aus Akademikern.)
Ich selbst halte mich nicht intelligent im Sinne eines hohen IQ’s. Mein Eindruck ist, dass ich in spezifischen Bereichen überdurchschnittlich begabt sein könnte. Dies betrifft alles, was mit Sprache, Kunst und Kreativität zu tun hat, sowie viele Themen, die komplexe, vernetzte und verwobene Betrachtungen eher würdigen. Da wäre Politik, Philosophie, Psychologie und Ähnliches…
Alles, was schnelles Zugreifen auf Einzelinformationen erfordert, sowie das rasche Zwischenspeichern und Abrufen von Daten ist der blanke Horror für mein Gehirn. Mein Kurzzeitgedächtnis ist 40 Jahre älter als meine Leber, und Schnelligkeit im Denken ist mir so fremd wie einem Einzeller das Fahrradfahren.